Bundesaußenminister in Nürnberg

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hat am Montag, 2. Februar, in Nürnberg die ausgebrannte St.-Martha-Kirche besucht. Danach hielt er in der benachbarten katholischen St.-Klara-Kirche einen Vortrag. Dort ist die Evangelisch-reformierte Gemeinde Nürnberg seit dem Brand im Juni 2014 mit ihren Gottesdiensten zu Gast.

„Der Anblick der ausgebrannten Kirche hat mich bewegt.“ Mit diesen Worten eröffnete der Bundesaußenminister seinen Vortrag in der St.-Klara-Kirche vor 200 Besuchern – an einem Montagnachmittag. Anschließend lieferte der SPD-Politiker, der aus dem Lipper Land stammt und sich als evangelisch-reformierter Christ versteht, einen Schnelldurchlauf durch die aktuelle Außenpolitik und ihrer Bezüge zu Religion und Reformation.

Er verstehe seinen Besuch in Nürnberg in der St.-Martha-Kirche als Unterstützung für die Bemühungen der Kirchengemeinde beim Wiederaufbau der Kirche, sagte Steinmeier den vielen Journalisten, die ihn begleiteten. Pfarrer Dieter Krabbe und der Koordinator des Wiederaufbaus, Georg Rieger, informierten in der ausgebrannten  Kirche zwischen Gerüsten und wackeligen Holzbrettern auf dem Boden den Minister über die entstandenen Schäden und die Pläne für den Wiederaufbau. So sollen die Mauern und das Dach stehen und erhalten bleiben, der Innenraum jedoch neu gestaltet werden. Dafür habe die Gemeinde einen Architektenwettbewerb ausgeschrieben, dessen Ergebnisse im Frühjahr vorliegen sollen. Derzeit laufen nach wie vor Untersuchungen über den Schadensumfang und die erhaltene Bausubstanz. „Wenn es gut läuft, können wir im Sommer sagen, wie die Kirche wieder aufgebaut werden kann,“ so Georg Rieger. Für die zukünftige Arbeit der Kirchengemeinde wollte Frank-Walter Steimeier keine Tipps geben. „Ich sehe, die Gemeinde ist im interreligiösen Dialog engagiert, ist im Gespräch mit der jüdischen Gemeinde und der islamischen Gemeinde auf einem guten Weg“, sagte der Außenminister auch mit Anspielung an das Transparent am Eingang: „Christen. Juden. Muslime. Im Namen Gottes darf nicht getötet werden“, steht dort, wie an vielen anderen Kirchen in der Stadt auch.

Kurze Zeit später sprach der Bundesaußenminister auf Einladung der reformierten Gemeinde und des Nürnberger SPD-Bundestagsabgeordneten Martin Burkert vor 200 Besuchern in der benachbarten St.-Klara-Kirche. Solche Botschaften wie die auf dem Transparent verstehe er auch als Ermutigung für seine Arbeit als Außenminister, bei der er jeden Tag mit bedrohlichen und grausamen Krisen in der Welt beschäftigt sei. Allzu oft werde hier der Religion eine übergeordnete Rolle zugeschrieben. Dabei erteilte er der oft gemachten  Aussage, dass die Religion an allem Schuld sei, eine klare Absage.
Steinmeier betonte: „Es gibt eine Demokratie, die dem Islam Raum gibt, und es gibt einen Islam, der der Demokratie Raum gibt!“ Eine Aufgabe unserer Gesellschaft sei es, dafür den Beweis anzutreten – eine Aufgabe für Muslime und  für Nicht-Muslime.

Religion lehre ihm das Gegenteil von Terror und Hass. Schließlich heiße es in der Bibel übrigens genau wie im Koran: „Gott hat die Welt und die Menschen in Vielfalt erschaffen – und in dieser Vielfalt haben wir sie zu achten.“ Dieses Verständnis seines Christseins inspiriere sein politisches Handeln. Mit Blick auf das Reformationsjubiläum im Jahr 2017 sagte Steinmeier, auch Martin Luther habe eine klare Botschaft gehabt. „Mischt Euch ein! Nehmt eure Verantwortung vor Gott und vor der Welt ernst!“ Weil sich nun jeder Mensch nicht mehr um sein eigenes Seelenheil kümmern müsse, könnten „wir uns nun um andere kümmern!“

Steimeier sagte aber auch: „Eine Handlungsanweisung was zu tun ist, um eine Lösung im Ukraine-Konflikt herbeizuführen, oder das barbarische Vorgehen der ISIS-Truppen in Syrien und im Irak zu stoppen, findet sich in der Bibel nicht . Er verstehe seinen christlichen Glauben als eine Art Kompass. Die Frage, ob beispielsweise die Entscheidung der Bundesregierung richtig war, Waffen an die kurdischen Peschmerga zu liefern, richtig war, lasse sich erst hinterher treffen.

Der Außenminister konfrontierte seine Zuhörer mit aktuellen Flüchtlingszahlen des Bürgerkriegs in Syrien. „Der Libanon, ein Nachbarland Syriens, hat etwa 4,5 Millionen Einwohner, aber bereits über 1,5 Millionen syrische Flüchtlinge aufgenommen. Das sind mehr als ein Drittel der einheimischen Bevölkerung! Das hieße bei uns in Deutschland: 25 Millionen Flüchtlinge oder mehr.“ Christliche Nächstenliebe heiße vor diesem Hintergrund, zu tun, was möglich ist. Daher sei es gut, dass Deutschland viele Zehntausend Flüchtlinge aus Syrien aufnehme. Und es sei gut, dass sich in Deutschland zunehmend viele Menschen auf kommunaler Ebene engagieren in der Aufnahme und Betreuung der Flüchtlinge. Und es sei gut, dass insbesondere die Kirchen dabei eine tragende Rolle spielten.

3. Februar 2015
Ulf Preuß, Pressesprecher

Bericht über den Steinmeier-Besuch bei reformiert-info.de

Die Rede des Bundesaußenministers zum Nachlesen auf der Internetseite des Auswärtigen Amtes

Zurück