Wo ist der Weg zur Ewigkeit

Jugendchor macht Musik- und Tanztheater für verstorbene Kinder

Zum Abschluss ihrer Probe im Gemeindehaus in Neuenkirchen bei Bremen singen „Die Lerchen“ das Regenbogenlied. Mit dem ersten Takt des Liedes wandelt sich die fröhliche Proben-Stimmung in große Ernsthaftigkeit. Das Regenbogenlied stammt aus dem Musik- und Tanztheater „Siris Reise“, das sich mit dem Tod von Kindern auseinandersetzt und das die Jugendlichen bei den Kirchentagen in Bremen und München aufgeführt haben. Zuvor sangen die 20 Jugendlichen Lieder wie „Tears in heaven“ und auch ein Beatles-Medley.

„Siris Reise“ ist das größte Projekt, das Kirchenmusiker Hauke Scholten (41) und seine jugendlichen Sänger bislang gestemmt haben. Scholten ist seit elf Jahren im VIII. Synodalverband tätig und leitet nicht nur verschiedene Jugendchöre und Chorprojekte sondern spielt auch regelmäßig sonntags die Orgel. Das besondere an „Siris Reise“ ist, so meint Hauke Scholten, dass die Jugendlichen nicht ein fertiges Musikstück aufführen. Sie haben es gemeinsam über mehrere Monate mit ihrem Chorleiter, mit der Pädagogin und Therapeutin Karin Grabenhorst und dem Theatermacher Alexander Hauer entwickelt.

Es begann im Sommer 2008, etwas mehr als ein halbes Jahr vor dem Bremer Kirchentag. Abends bei einem Glas Wein entwickelten Hauke Scholten und Karin Grabenhorst die Idee, auf dem Kirchentag ein Musik- und Tanztheater aufzuführen. Zuvor hatten sie sich über die gemeinsame Gestaltung eines Trauergottesdienstes für ein verstorbenes Kind kennen gelernt. Grabenhorst ist Trauerbegleiterin und für den Bundesverband Verwaiste Eltern aktiv, Scholten gestaltete mit seinem Jugendchor „Die Lerchen“ den Gottesdienst musikalisch. Kurze Zeit danach schrieb die „Lerchen“-Sängerin Katharina Wagner ein eigenes Lied. „Wo sind all die kleinen Seelen?“ entstand aus ihren Erlebnissen mit dem Trauergottesdienst. Dieses Lied gab wichtige Inspirationen für die Geschichte, die Karin Grabenhorst dann schrieb: Die Geschichte von „Siris Reise“. Sie handelt von Siri, einer kleinen Seele, die sich auf die Suche begibt, um die Ewigkeit zu finden. Auf ihrem Weg trifft sie unter anderem den Ozeanfisch, der auf der Suche nach Gott ist, und die Wüstenblume, die den Sinn des Lebens ergründen möchte.

Ende 2008 stand die Geschichte, und am ersten Wochenende im Januar 2009 kamen der Chor, die Autorin, die Komponisten der Orchestermusik und der Theatermacher zu einem ersten Workshop zusammen. Im Laufe der nächsten Monate gemeinsamer Arbeit entstanden neue Lieder für den Chor, Tanzeinlagen wurden einstudiert, die Flöte als Instrument für den Wind kam dazu, Kostüme wurden entwickelt – und erst unmittelbar vor dem Kirchentag war das Stück fertig. Premiere war am 22. Mai im Bürgerhaus Vegesack vor vielen Kirchentagsbesuchern. Inzwischen ist das Ensemble neun Mal aufgetreten, zuletzt beim Neujahrsempfang des Kinderhospizes Löwenherz in Syke bei Bremen.

„Zunächst war die Auseinandersetzung mit Kindern, die gestorben sind, für uns alle im Chor eine ganz neue Erfahrung“, erzählt Hauke Scholten. „Natürlich sind bei den Proben auch oft Tränen geflossen.“ Der ganze Chor sei aber daran gewachsen und alle hätten sich gegenseitig gestärkt. Das gemeinsame Projekt, zu diesem Thema ein Musik- und Tanztheater zu entwickeln, habe alle bereichert und ihnen neue Perspektiven eröffnet.

von Ulf Preuß

 

www.siris-reise.de